BdZ - Biber 2022

Eisbären-Anlage im Erlebniszoo Hannover

Nicht nur Neubauten haben die Chance auf den Biber!

Im Rahmen des Themenkomplexes „Yukon Bay“ wurde im Mai 2010 die Eisbärenanlage im Zoo Hannover eröffnet. Insgesamt wurden für den kompletten Komplex ca. 36 Mio. € investiert. Die Kosten nur für die Eisbärenanlage lassen sich daraus nicht beziffern.

Den Bären stehen im Schaubereich 2 Anlagen mit ca. 2400m2 zur Verfügung, die über einen vergitterten Wassergraben getrennt sind. Eine Verbindung besteht über eine Zugbrücke sowie einen Schieber unter Wasser. Die Anlagen besitzen verschiedene Bodengründe (Kies, Sand, Mulch, Erde) und eine Bepflanzung, die von den Tieren zum Großteil in Ruhe gelassen wird. Durch Kunstfels sind die Anlagen in mehrere Ebenen unterteilt, was auch das Springen ins Wasser aus unterschiedlichen Höhen zulässt. Die Gesamthöhenunterschied beträgt gute 16m. Dadurch dass die Anlagen nach hinten ansteigt, bieten sie zusätzliche Struktur für die Tiere und es wird ein gute Sicht auf die Tiere ermöglicht. Zwei höhlenartige Unterstände dienen zusätzlich als Rückzugsorte. Natürlich werden die Landteile jeweils durch ein Wasserteil ergänzt, der durch mehrere flache Einstiege erreichbar ist. Insgesamt beläuft sich die Wasserfläche auf ca. 910m2 und die Wassertiefe beträgt bis zu 4m. Die Becken sind mit Meerwasser gefüllt und werden durch eine Wellenanlage stetig in Bewegung gehalten. Um die Korrosion an den Metallteilen zu minimieren, stehen die Becken unter Niedervoltspannung. Als optisches Highlight darf der Wasserfall nicht fehlen. Er mündet in ein separates Becken und wird mit Süßwasser gespeist. Diese Süßwasserquelle wird von den Tieren gerne angenommen.

Alle Wasserbecken, sowohl Süß- wie auch Salzwasser, werden über Sandfilter vorgereinigt und danach über Abschäumer und eine Ozonanlage geleitet. Dadurch bekommt man ein glasklares und keimarmes Wasser, welches zurück in die Becken geleitet wird. Über separate Filter kann jederzeit z.B. Aktivkohle dazu geschaltet werden. Das Spül- und Abwasser wird in einem separaten Reinigungskreislauf aufbereitet, um den Wasserverbrauch zu minimieren. Die Filtertechnik wird durch einen eigenen Techniker betreut. Wartungen und kleinere Reparaturen können so ebenfalls schnell bearbeitet werden.

Für den Besucher nicht einsehbar stehen zusätzlich noch 2 Trockengräben als rückwärtige Außenanlagen zur Verfügung. Diese Anlagen sind nur „experimentell“ bepflanzt, um zu erproben, was vielleicht in die einsehbaren Anlagen gepflanzt werden kann. Hier sind außerdem auch verschiedene Bodengründe eingebracht.

Innen stehen den Tieren 4 Boxen mit je 24m2 zur Verfügung. Des Weiteren ist noch eine Wurfbox mit Wurfkisten vorhanden. Alle Boxen lassen sich durch Schieber und/oder durch einen Laufgang miteinander verbinden. Die Boxen verfügen jeweils über ein Liegebrett und werden u.a. mit Stroh, Heu oder Holzspänen eingestreut.

Der Pflegergang ist breit und durch die Fensterfront sehr hell, es sind Hochdruckreinigeranschlüsse sowie Wasseranschlüsse vorhanden. Die Schieber werden hydraulisch betrieben und sind zusätzlich durch eine Fußsicherung gesichert. Eine LED-Anzeige zeigt an, ob die Schieber offen oder geschlossen sind.

Für das medizinische Training wurden in einer Box zusätzliche kleine Klappen am Gitter nachgerüstet. Durch die geöffneten Klappen ist ein besseres Training möglich bzw. können die Tiere hier z.B. eine Pfote herausstrecken, was eine Behandlung ermöglicht. Zusätzlich ist im Laufgang eine Waage fest installiert. Auf Kommando setzen sich die Bären zur Gewichtskontrolle hin. Neben dem medizinischen Training sind die Tiere ebenfalls darauf trainiert Fremdkörper (z.B. Gegenstände die von den Besuchern ins Gehege geworfen wurden) beim Pfleger gegen eine Belohnung einzutauschen.

Die Boxen werden für ein besseres Klima über eine Umluftanlage zusätzlich mit Frischluft versorgt.

Neben den gut strukturieren Anlagen sorgen die Tierpfleger dafür, dass es den Tieren an nichts mangelt. Sobald ein Tier launisch ist oder kein Interesse am Training hat, wird der Tagesablauf geändert, um den Tieren entgegen zu kommen. Neben dem Training wird dann ein abwechslungsreiches und vielfältiges Programm an Beschäftigung geboten. Separates Spielzeug (z.B. Tonnen, Bälle, Paletten,…) wird den Tieren immer wieder angeboten. Durch verschiedene Ösen im Kunstfels auf den Außenanlagen können die Gegenstände zusätzlich interessant befestigt werden. Zusätzlich stehen auf den Anlagen sowie in der Schwimmboje fest installierte und zeitgesteuerte Futterklappen zur Verfügung. Die Tiere neigen dazu alle Klappen immer wieder zu kontrollieren.

Einmal täglich wird durch die Tierpfleger eine kommentierte Fütterung durchgeführt und zusätzlich gibt es für die Bären immer wieder Streufütterungen oder Eisbomben. Die Fütterung kann über den in der Kulisse verbauten Kran durchgeführt werden. Auf dem Kran ist man so gegen Absturz gesichert, dass kein zusätzlicher Gurt benötigt wird.

Einmal die Woche wird durch die Tierpfleger ein Tauchgang getätigt. Hierbei werden die Scheiben und Becken gereinigt und mögliche Fremdkörper herausgeholt.

Den Pflegern steht außerdem eine großzügige Futterküche sowie eine Kühlkammer zur Verfügung. Alle Zugänge in die Anlagen sind durch Schleusen gesichert und die Außenanlagen sind zusätzlich durch große Tore befahrbar.

Für die Besucher stehen zahlreiche Einsichtmöglichkeiten zur Verfügung. Die Anlagen sind in breiter Front von oben und durch Scheiben von der Seite einsehbar. Zusätzlich ist ein Einblick von dem eingebauten Schiffswrack vorhanden. Des Weiteren ist genau durch dieses Schiffswrack ein Einblick an den Unterwasserscheiben möglich. Durch den breiten barrierefreien Zugang gelangt man in den Schiffsrumpf. Um den Blick durch die Scheiben für den Besucher freizuhalten, ist eine Osmosewasser Sprühanlage oberhalb der Scheiben installiert. So lässt sich das Salzwasser auch ohne Betreten der Anlagen von den Scheiben spülen. Die Beschilderung ist ausführlich und schön gestaltet. In einem Projektcontainer neben der Anlage kann sich der Besucher über die Arbeit von „Polar Bears International“ informieren und wird auf den Notstand und die Bedrohung hingewiesen.

Die Auszeichnung nach über 12 Jahren bestehen der Anlage zeigt, dass eine erfolgreiche Haltung ebenso gegen Neubauten gewinnen kann.

Wir sagen noch einmal Herzlichen Glückwunsch an die Tierpfleger und den Zoo Hannover!

Fotos: Martina Meyer/Jonas Walzberg

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