Eure Erfahrungsberichte

Zootierpflegende in Artenschutzprojekten

Berichte aus der Prigen Conservation Breeding Ark (PCBA), Indonesien

Roy Schubert, Zootierpfleger Zoo Leipzig

 

Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen,

mein Name ist Roy Schubert, ich bin im Zoo Leipzig tätig und mittlerweile seit über 10 Jahren Tierpfleger. Ich war von Beginn 2018 bis Ende 2019 in der PCBA (Prigen Conservation Breeding Ark) auf Java in Indonesien tätig und möchte euch gern berichten, wie ich die Zeit dort erlebt habe und wie es überhaupt dazu gekommen ist.

Damals war ich im Zoo Rostock beschäftigt und hatte schon länger den Wunsch, wirklich etwas direkt im Artenschutz zu bewirken, also in erster Reihe zu stehen, wenn es um die Rettung von Arten geht und nicht nur in Europa in Zuchtprogrammen mitzuwirken, welche ja nicht immer alle sehr zielführend sind und zum anderen war es der Wunsch, nach einigen durchgeführten Fernreisen einmal wirklich länger im Ausland zu leben.

Alles begann mit dem Vogelfortbildungsseminar des BdZ im Zoo Köln im Jahr 2016, welches ich und meine damalige Lebensgefährtin besuchten. Dort trafen wir Simon Bruslund, ohne ihn wäre die ganze Geschichte auch nicht ins Rollen gekommen. Mir war bekannt, dass er stets in vielen Projekten weltweit involviert war und schilderte ihm unsere Pläne. Simon war sofort begeistert und wir blieben in Verbindung. Am Anfang war ein anderes Projekt auf Nias vorgesehen, doch oft funktioniert nicht alles im Artenschutz so wie man sich das vorstellt. Nach dem dieses Projekt vom Tisch war, schickte mir Simon eine Liste an potenziellen Projekten, welche interessant sein könnten und da fiel mir der Name Stephan Bulk und Java auf. Einige Jahre zuvor hatte ich Stephan bereits schon einmal kennen gelernt, als ich meinen guten Freund Torsten Langner in Cikananga auf Java besuchte. Zufällig hatte ich seinen Kontakt noch. Also habe ihn einfach mal unverbindlich angefragt, ob er nicht zufällig zwei motivierte Tierpfleger für sein Projekt braucht und er hat ja gesagt.

So haben wir Ende 2017 alle Zelte in Rostock abgebrochen und flogen nach Indonesien. Der Aufenthalt war erstmal mit 6 Monaten geplant und ohne jegliche Unterstützung, also aus eigener Tasche. Dies war uns aber im Endeffekt auch egal, denn wir hatten uns auf die neuen Erfahrungen gefreut und konnten es kaum erwarten los zu legen.

In Prigen angekommen ging es auch direkt los. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen und großartig von der Taman Safari Gruppe mit Kost und Logis unterstützt. Am Anfang stand noch nicht viel vom geplanten Projekt. Im Laufe meiner Zeit entwickelte sich die Arche aber rasant. Ich würde jetzt davon absehen hier noch große Erläuterungen über das Projekt zu machen, da die PCBA hier im Heft schon mehrfach beschrieben wurde. [Beitrag ist ursprünglich für den Arbeitsplatz Zoo vorgesehen.]

Nach den ersten 6 Monaten als Volontär konnte ich durch die Hilfe und Unterstützung der ZGAP und vor allem durch Roland Wirth weiter machen. Ich fungierte unter dem Projektleiter Stephan Bulk als Supervisor oder wie man es in Deutschland nennt als Obertierpfleger. Ich leitete zusammen mit Stephan das immer größere Team an und vermittelte den indonesischen Keepern all mein Wissen und schärfte ihr Verständnis für die sensiblen Tiere. Zusammen mit Stephan koordinierte ich den Tierbestand und die Baufortschritte und kümmerte mich um das Tagesgeschäft, um Stephan den Rücken für andere wichtige Erledigungen frei zu halten. In seiner Abwesenheit übernahm ich die Leitung des Centers kommissarisch, was mich schon das eine oder andere Mal an die Grenzen meiner Nerven und Kraft brachte. Aber ich hatte immer Glück, dass mir Stephan auch aus der Ferne mit Rat beistand und mir auch manchen Fehler verzieh.

Die Zeit in Indonesien war großartig und hat mir nicht nur beruflich sondern auch privat sehr viel gebracht. Ich habe gelernt, was wirklich eigenverantwortliches Arbeiten heißt. Das Lösen von komplexen Problemen mit wenigen Mitteln und das Anlernen und Anleiten meiner Mitarbeiter spielten vor Ort immer eine große Rolle. Das Schöne daran war auch, dass immer eigene Ideen etwa sofort oder nur auf sehr kurzen Wege umgesetzt werden konnten, sodass ich viel zur Entwicklung des Centers beitragen konnte. Gleichzeitig möchte ich aber auch nicht verschweigen, dass es auch schwierige Zeiten gab, da man das ganze Vorhaben auch hinterfragt und unter anderem für sinnlos gehalten hat und sich gefühlt hat, als würde man sich im Kreis drehen. Vergessen darf man dabei auch nicht wieviel Arbeit so ein Center macht, also geregelte Arbeitszeiten gibt es nicht und der eine freie Tag in der Woche entfällt auch gern mal. Zudem war der Mangel an sozialen Kontakten manchmal erdrückend. Doch wenn man es dann geschafft hat, die erste Nachzucht eines wirklich bedrohten Vogels zu erzielen oder einem anderen Vogel ohne jede Erfahrung, nur mit Gefühl am Leben zu erhalten, dann waren diese ganzen Strapazen auch schnell vergessen.

Ich würde jedem Tierpfleger ein solches Erlebnis empfehlen, der schon mit dem Gedanken gespielt hat. Man gewinnt viele Erfahrungen und Können auf unterschiedlichen Ebenen dazu. Jedem muss aber auch bewusst sein, dass man voll und ganz für‘s Projekt aufgehen muss. Private Zeit und Bedürfnisse sollte man überwiegend zurückschrauben können und reich werden kann man bei der Arbeit im Artenschutz auch nicht. Es ist sehr wichtig, sich auf die lokale Kultur einzustellen, behutsam vorzugehen und nicht den "weißen Vorschlaghammer" zu schwingen. Wichtig ist es ebenfalls mit Rückschlägen gut klar zu kommen. Wenn man dieses berücksichtig, wird man mit einer sehr tollen Zeit belohnt, in der man viel bewegen kann.

Zum Schluss möchte ich gern einigen wichtigen Personen danken. Zu aller erst meiner damaligen Lebensgefährtin Tina Kwapil, welche mit mir in Indonesien war und auch für das Center tätig war. Dann natürlich Simon Bruslund, ohne ihn wäre ich nie zur PCBA gekommen. An Stephan Bulk, der ein großartiger Chef, Artenschützer und Freund war, an die ZGAP und Roland Wirth, ohne ihn hätten weder ich noch die PCBA so viel leisten können. Weiterhin an Toni Sumampouw, einem der Leiter der Taman Safari Gruppe und begnadeter Artenschützer. Ohne ihn wäre das ganze Projekt nicht möglich gewesen und schließlich natürlich an Jochen Menner, welcher mir immer in schwierigen Zeiten privat wie fachlich zu Seite stand.

 

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